cannabis medicine

Neue Chance für Cannabis

Die Erforschung der Hanfpflanze Cannabis sativa hat in den vergangenen Jahren einen enormen Aufschwung erfahren. Nach einer jahrzehntelangen Verbotsphase beginnen Forscher, Ärzte und Gesetzgeber, die Scheu vor einer der ältesten Nutzpflanzen abzulegen.


by Ben Euhus, M.Sc., Cannabis-Forscher, Cayman Chemical


Cannabis wird schon seit Jahrtausenden als Genussmittel und Medizin konsumiert. Die Potentiale von Cannabis beruhen auf der Fähigkeit der chemischen Bestandteile, das Endocannabinoid-System zu aktivieren und zu beeinflussen, ein homöostatisches Regulationssystem, das in allen Wirbeltieren vorhanden ist.

Chemisch gesehen ist Cannabis ein Gemisch aus über 500 Verbindungen. Am bemerkenswertesten sind Substanzen aus drei Kategorien: Phytocannabinoide (wie Δ9-THC und CBD), Terpenoide und Flavonoide. Phytocannabinoide wie Δ9-THC und CBD beeinflussen den Körper durch ihre Aktivitäten an G-Protein-gekoppelten Rezeptoren wie dem Cannabinoid-Rezeptor 1 (CB1) und dem Cannabinoid-Rezeptor 2 (CB2) sowie dem Rezeptor GPR55. Obwohl es immer mehr Hinweise auf verwandte Rezeptoren gibt, die von Cannabinoiden beeinflusst werden, wie zum Beispiel die Transient-Receptor-Potential (TRP)- Kanäle und die Peroxisom-Proliferator- aktivierten Rezeptoren (PPARs), blieb dies bisher von der interessierten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. In vivo und in vitro wurde nachgewiesen, dass isolierte Cannabinoide und Cannabisextrakte in der Lage sind, die Apoptose in Krebszellen zu induzieren und als therapeutisches Mittel bei anderen chronischen Krankheiten zu wirken. Deshalb wurden bereits mehrere Arzneimittel mit Cannabinoiden oder synthetischen Cannabinoid-Verbindungen auf den Markt gebracht. Die auffälligsten Beobachtungen dabei: Cannabisextrakte wirken effektiver als isolierte Cannabinoide, und nicht jede Cannabissorte oder Chemovar wirkt gleich. Diese beiden Beobachtungen sind auf ein Phänomen zurückzuführen, das als „Entourage-Effekt“ bekannt ist und entsteht, wenn Cannabinoide und andere Cannabis-Verbindungen, wie Terpenoide und Flavonoide, in der Kombination miteinander eingenommen werden und eine veränderte Wirkung entfalten. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind noch nicht vollständig verstanden, und die wichtigsten bioaktiven Verbindungen in Cannabis müssen noch genauer charakterisiert werden.

Mit einem breiteren Blick auf das Endocannabinoid-System, der über die bekannten Rezeptoren CB1 und CB2 hinausgeht, und dem Verständnis, dass viele Eigenschaften auf mehr als Δ9-THC und CBD zurückzuführen sind, werden wir in Zukunft in der Lage sein, neue Cannabinoid-basierte Therapien zu entwickeln.

Published on transkript